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Jahressteuergesetz 2022 und dessen Auswirkung auf die Erbschaft- und Schenkungssteuer bei der Bewertung von Immobilien ab 2023
Der Finanzausschuss hat in seiner Sitzung am Montag den 22.11. die Durchführung einer weiteren öffentlichen Anhörung zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 (JStG 2022) beschlossen. Insbesondere die Änderungen zur Bewertung von Immobilien für Erbschafts- und Schenkungssteuer hat eine hohe mediale Aufmerksamkeit erlangt und sowohl in der Fachliteratur als auch der Boulevardpresse für Aufsehen gesorgt. Vielfach werden pauschale Aussagen in der Weise getroffen, dass die Immobilien ab 2023 um ca. 30-40% höher bewertet werden als zuvor und somit zu erheblichen zusätzlichen Schenkungs- und Erbschaftsteuern führen werden. Das Problem der befürchteten deutlich erhöhten Steuerlast ergebe sich daraus, dass mit dem JStG 2022 zwar die für die Berechnung der Erbschaft- und Schenkungsteuer geltenden Werte der Immobilen deutlich angehoben würden, nicht jedoch die geltenden Freibeträge. Letztere liegen derzeit für Eheleute bei 500.000 Euro, für Kinder bei 400.000 Euro und für Enkelkinder bei 200.000 Euro. Diese pauschalen Aussagen sind irreführend, suggerieren einen zwingenden Handlungsbedarf und kann zu falschem Aktionismus führen.

Die steu­er­li­che Be­darfs­be­wer­tung für erb­schaft- und schen­kung­steu­er­li­che Zwecke greift bei den un­ter­schied­li­chen Be­wer­tungs­ver­fah­ren auf Pa­ra­me­ter wie den Lie­gen­schafts­zins­satz, den Sach­wert­fak­tor oder den Bo­den­richt­wert zurück, die von den Gut­ach­ter­aus­schüssen der jeweiligen Gemeinden fest­ge­legt wer­den.

Für be­baute Grundstücke finden grundsätzlich drei ver­schie­dene Ver­fah­ren zur Er­mitt­lung des Be­darfs­werts An­wen­dung: das Ver­gleichs­wert­ver­fah­ren, das Er­trags­wert­ver­fah­ren und das Sach­wert­ver­fah­ren. Daran wird sich auch durch das JStG 2022 nichts ändern. Maßgeblich für die Bewertung un­be­bauter Grundstücke sind weiterhin die von den Gutachterausschüssen ermittelten Bodenrichtwerte.

Woh­nungs- und Teil­ei­gen­tum so­wie Ein- und Zwei­fa­mi­li­enhäuser sol­len im sog. Ver­gleichs­wert­ver­fah­ren (§ 183 BewG) be­wer­tet wer­den. Im Er­trags­wert­ver­fah­ren (§§ 184 ff. BewG) wer­den zum einen Miet­grundstücke und zum an­de­ren Ge­schäfts­grundstücke und ge­mischt ge­nutzte Grundstücke, für die sich auf dem ört­li­chen Grundstück­markt eine übli­che Miete er­mit­teln lässt, be­wer­tet. Im Sach­wert­ver­fah­ren (§§ 189 ff. BewG) wer­den Ein- und Zwei­fa­mi­li­enhäuser so­wie Woh­nungs- und Teil­ei­gen­tum be­wer­tet, für die kein Ver­gleichs­wert vor­han­den ist so­wie Ge­schäfts­grundstücke und ge­mischt ge­nutzte Grundstücke, für die sich keine übli­che Miete auf dem ört­li­chen Grundstücks­markt er­mit­telt lässt. Wie bis­her er­mit­telt sich der für das Sachwertverfahren entscheidende Gebäude­re­gel­her­stel­lungs­wert als Pro­dukt der auf den Be­wer­tungs­stich­tag an­ge­pass­ten Re­gel­her­stel­lungs­kos­ten und der Brutto-Grundfläche.

Das sogenannte Sach- und Ertragswertverfahren von bebauten Grundstücken sowie die Bewertung von Erbbaurechtsfällen sollte durch das Jahressteuergesetz diese an die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) und damit die teilweise in die Jahre gekommenen Bewertungsparameter an das aktuell höhere Markt- und Baupreisniveau angepasst werden.

Beim Sachwertverfahren erfolgte daher eine erhebliche Anpassung des sogenannten Sachwertfaktors im Bewertungsgesetz und führt bei dieser Bewertungsmethode zu einem erhöhten Immobilienwert. Dieser Sachwertfaktor nach dem BewG ist alllerdings nur dann anzusetzen, wenn die örtlichen Gutachterausschüsse einen solchen Sachwertfaktor nicht veröffentlichen. Dies ist i.d.R. aber in allen größeren Städten und Gemeinden der Fall, so dass nur wenige Immobilien hiervon betroffen sein dürften. Vor al­lem in größeren Städten lie­gen ohnehin re­gelmäßig genügend ver­gleich­bare Verkäufe vor, so­dass das Ver­gleichs­wert­ver­fah­ren An­wen­dung fin­den kann und das Sachwertverfahren gar nicht erst zur Anwendung kommt.

Beim Ertragswertverfahren wurde der pauschale Liegenschaftszins im BewG reduziert und führt somit auch grundsätzlich zu einem höheren Immobilienwert. Aber auch hier gilt, dieser pauschale Liegenschaftszins greift nur, wenn die lokalen Gutachterausschüsse keine Zinssätze zur Verfügung stellen. Diese betrifft wiederum nur wenige Regionen und Städte. Die bei der Ermittlung des Gebäudeertragswertes anzusetzenden Bewirtschaftungskosten (§ 187 BewG) sollen zukünftig nicht mehr nach den von den Gutachterausschüssen ermittelten Erfahrungssätzen angesetzt werden, sondern grundsätzlich nach den in der Anlage 23 BewG enthaltenen Beträgen und Prozentsätzen ermittelt werden und wurden nach dem Vorbild der Anlage 3 ImmowertV differenzierter ausgestaltet und werden nun jährlich anhand des Verbraucherpreisindizes angepasst werden. Aus dieser Anpassung sind nur geringe Bewertungsdifferenzen zu erwarten.

Grundsätzlich gilt zudem, dass ein niedrigerer Verkehrswert der Immobilie durch ein Sachverständigengutachten jederzeit nachgewiesen werden kann.

Fazit: Die pauschalen Aussagen in den Medien sind daher nur für vereinzelte Lagen und Immobilien gerechtfertigt. Für bestimmte Immobilien kann sich die potentielle Steuerbelastung bei Erbschaft oder Schenkung erhöhen, dies ist aber von einer Vielzahl von Faktoren abhängig und daher nur für einen eingeschränkten Kreis einschlägig. Für be­stimmte Wohn­im­mo­bi­lien hin­ge­gen, für die Ver­gleichs­werte oder Ver­gleichs­fak­to­ren vor­lie­gen, könnte sich in Abhängig­keit von der Markt­ent­wick­lung sogar ein ge­genläufi­ger Ef­fekt er­ge­ben. Gerne stehen wir für Fragen zur Verfügung und erörtern gemeinsam ob ihre Immobilien, die zu Übertragungen anstehen, hiervon betroffen sein könnten. Weiterhin schenkungssteuerfrei bleibt auch die Schenkung eines Familienheims. In Abhängigkeit vom Bewertungsobjekt könnte daher ein Vorziehen bereits geplanter Immobilienschenkungen erwogen werden, da die genannten Änderungen durch das JStG 2022 erst ab 1.1.2023 Anwendungen finden sollen. Es bleibt jedoch in jedem Fall festzuhalten, dass jegliche Nachfolgeplanung auch unter Einbezug von nicht-steuerlichen Aspekten wohl überlegt und nicht überstürzt angegangen werden sollte.
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